Samstag, 24. März 2012

Hanse-Seminar in Greifswald

Im März erhalte ich eine Einladung zum Hanse-Wochenendseminar: Vorträge über Rigg, Segel, Bootsunterhalt und Motor und am Sonntag eine Werftbesichtigung. Zuerst will ich absagen. Als ich die diplomatische Entrüstung des Händlers erkenne, disponiere ich um. Es lohnt sich tatsächlich aus der Schweiz anzureisen. Die neuen Hanse-Genossen (ganz unpolitisch gemeint, ich bin ja auch Eidgenosse) sind unkomplizierte und freundliche Menschen und als Eigner der kleinsten Hanse spüre ich weder Statusunterschiede noch Mitleid.

Am Sonntag zur Kirchenzeit betreten wir die Werft. Mich interessiert die Produktionslinie mit den „kleineren“ Booten: pro Tag verlässt eine oder manchmal zwei Hanse von dieser Linie die Halle. In 15 Schritten und durchschnittlich 230 Montagestunden wird ein Kundenwunsch erfüllt. Praktisch: die Produktionslinie ist absolut plan und für die Benutzung der Wasserwaage ausgerichtet. Ist „Schiffbau = Schiefbau“ Vergangenheit? Eindrücklich ist der Möbelbau. Jeweils eine Wochenproduktion optimiert der Computer und Holz wird so zerschnitten, dass minimaler Abfall entsteht. Wehe, die automatisch geklebten Etiketten fehlen auf den Holzteilen: grossräumiges Ikea-Montagegefühl! Extrem sind auch die schnellhärtenden UV-Lacke: eine dreifache Seitenflächenlackierung geschieht innert 23 Sekunden!

Langsam begreife ich die Strukturen hier in Greifswald: die Hanse-Werft als Machtzentrum, darum herum Ausrüster und Servicebetriebe als eigenständig geführte Unternehmen und die ebenfalls eigenständigen Verkaufspunkte und Charterbetriebe bilden den äussersten globalen Ring. Ziel ist, dass die Verkaufspunkte die alleinigen Ansprechpartner für Kunden sind. Allerdings besteht die Möglichkeit beim Ausrüster vor Ort direkt und etwas günstiger Zubehör einzukaufen Super: für jeden Hanse-Typ stellt der Ausrüster eine detaillierte Zubehörliste mit Dimensionen und Preisen ins Internet. Bavaria hat es einfacher die Verkaufsstrukturen zu kontrollieren: kaum ein Käufer holt seine „Neue“ über dem Landweg in Bayern ab.


Hier steht sie: die ungetaufte Baunummer 94
Nur noch ein paar Wochen und sie ist im Wasser
Aussparungen aus Schaum: die 355er hat den gleichen Kiel, aber schwerer